GERTY MOLZEN

Biographie

Am 30. Januar 1906 erblickt Gerty Margarethe Molzen in Flensburg als Tochter eines an der Flensburger Förde angesehenen Reeders und einer Pastorentochter das Licht der Welt. Schon als Kind ist sie ein regelrechtes Energiebündel: "Ich wäre viel lieber ein Junge gewesen und habe alles daran gesetzt, in Jungenkreisen Anerkennung zu gewinnen. Ich war der Strolch der Strassen. Wo ich war, da war immer Wirbel." Die Idee, Sängerin zu werden, die hatte ihr Vater und schickt sie zum Gesangsstudium nach Berlin, München und Mailand, wo sie von Lehrern wie Signore Vanzo unterrichtet wird. Ihren allerersten Auftritt als Sängerin hat sie in der Flensburger Marienkirche im Jahre 1930. 1933 geht Gerty als Altistin an die Oper in Koblenz. Dort singt sie in Verdis "Macht des Schicksals", fortan folgen Rollen in der "Zauberflöte", in "Arabella" und im "Zigeunerbaron". 1934/35 wechselt Gerty an die Oper in Saarbrücken, es folgen weitere Gastspiele im In- und Ausland.

Kein geringerer als Gustav Gründgens entdeckt Gertys komisches Talent, er ist es auch, der ihr rät, später einmal ins komische Fach zu wechseln. Zunächst engagiert er sie aber als Sangesstimme von Elisabeth Flickenschild. In zwei Stücken glänzt Gerty mit ihrer Sangesdarbietung (u.a. "Auprès de ma blonde") im Rahmen des Films "Der Schritt vom Wege" (u.a. mit Marianne Hoppe) aus dem Jahre 1938. Während des Krieges muss Gerty - wie es damals üblich war- als Frontunterhalterin die Truppe bei Laune halten. Die Soldaten hatten jedoch herzlich wenig Interesse an Brahms und Schubert, man bittet Gerty, doch etwas Komisches zu machen. Sie schnappt sich ihr Akkordeon und läutet somit ihre zweite Karriere als Kabarettistin ein. "Ich lebte im permanenten Wechsel zwischen Frohsinn, Heiterkeit, Traurigkeit und Melancholie. Das zog sch dann durch mein ganzes Leben." Nach dem Krieg bereist Gerty mit ihrem Kabarettprogramm ganz Deutschland, tritt bei Familienfesten, Firmenfeiern oder in Kurhäusern auf. Ein hartes Brot. 1962 dann die erste Filmrolle; Jürgen Roland engagiert sie für seine legendäre Produktion "Polizeirevier Davidswache", ein Klassiker. Es folgen kleinere Rollen (in einem Film mit Helga Feddersen, dem "Fernsehgericht" und später auch in "Der amerikanische Freund" von Wim Wenders), die Gerty mit ihrer Darbietung stets zu kleinen Juwelen zu veredeln versteht.

Nebenbei wird Gerty Buchautorin ("Gerty Molzen vertellt", "Das Gerty Molzen Buch" u.a.) und beschreibt humoristisch das Leben der so genannten Petuhtanten um die Jahrhundertwende auf den Schiffen (so die legendäre "Alexandra") bei Butterfahrten anzutreffen waren. Gerty Molzen hat ihre Heimat Flensburg lebenslang im Herzen getragen und über ihre Kunst in der Welt bekannt gemacht. Mit den Büchern "Flensburger Originale" und "Petuhfahrt nach Glücksburg" hält sie die "Flensburger Originale" bis heute lebendig. Die Lübecker Nachrichten zollen Gerty dafür anerkennenden Respekt: "Die humorvolle Gerty Molzen kennt die Petuh-Tanten aus dem Eff-Eff. Ihr gebührt der Ruhm, in ihrer anschaulichen humorvollen Vorstellung der Flensburger Petuhtanten ein Denkmal gesetzt zu haben."

1984 entdeckt der Produzent Gerd Plez ("Hongkong Syndicate") Gerty als Rocklady und nimmt mit ihr den Lou Reed-Klassiker "Take a walk on the wild side" auf. Eine Sensation, die durch alle Feuilletons und TV-Unterhaltungssendungen führt - die "Rock-Oma" ist in aller Munde. Und sie tritt weltweit auf, wie im Londoner "Hippodrome", in Wien im "P4", ja selbst im New Yorker "Palladium". Nach New York begleitet sie ein Filmteam des NDR. Das große TV-Portrait läuft am 5.Mai 1986 in der ARD und ist eine liebevolle Hommage der Berliner Filmemacherin Heide Breitel (Titel: "Ich bin nicht schön, ich bin viel schlimmer"). Danach veröffentlicht Gerty weitere Singles wie "Do you really want to hurt me" oder "Wild thing". Beflügelt durch den Erfolg als Sängerin bekommt Gerty Engagements beim Film und in Fernsehserien ("Grossstadtrevier", "Der Landarzt") - eine späte Genugtuung und Anerkennung, die Gerty sichtlich genießt.

Im September 1986 bekommt Gerty eine große Auszeichnung, Richard von Weizsäcker verleiht ihr das Bundesverdienstkreuz am Bande für "erheiternde und stärkende Dienste am jungen und alten Volk", wie es in der Begründung steht. Selbst in Japan wird man auf Gerty Molzen aufmerksam, man dreht einen Personality-Beitrag für das japanische Fernsehen, der dort am 20.1.1987 ausgestrahlt wurde. Im selben Jahr kommt ihre Single "No style" auf den Markt.

1989 Gertys letzte Filmrolle: Für Gábor Altorjays Projekt "CityLife" spielt Gerty eine Sterbende in der Episode "Der Polsprung", die in Hamburg spielt. Auf dem Sterbebett liegend gibt eine Großmutter ihrer Enkelin teils singend (Coverversion von "Its a mans´ world"/ James Brown), teils sprechend ihr Vermächtnis mit. Eine ergreifende letzte Rolle, die auch mit einem kräftigen Schuss Humor dem schweren Thema eine Gerty-typische Note verleiht. Die Premiere während der Filmfestspiele 1990 in Berlin kann Gerty leider nicht persönlich besuchen.

Am 31. Juli stirbt sie in ihrem Haus in Glücksburg, wo auch die Trauerfeier im Rahmen Familie und einigen treuen Wegbegleitern stattfindet. Ihre Asche wird später auf hoher See dem Meer übergeben.

© A.Schlegel/ www.gertymolzen.com